MC Leadership Interview mit Gertrude Schatzdorfer-Wölfel, 29.4.2021

MC Leadership

Gertrude Schatzdorfer-Wölfel übernahm die Gerätebaufirma ihres Vaters und ist seither Alleineigentümerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Schatzdorfer Gerätebau GmbH & Co KG. Das Unternehmen mit Sitz in Oberösterreich beschäftigt 86 Mitarbeiter*innen. Das Leistungsportfolio des Betriebs umfasst Laser­schneiden, Stanzen, Schweißen und noch vieles mehr. Für ihre Management-Leistungen an der Spitze ihres Unternehmens wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet – zuletzt 2019 vom Land Oberösterreich mit dem Pegasus Sonderpreis für „Frauen in führender Position“ sowie in der Kategorie „Erfolgsgeschichte“.

Iris Ortner, Vizepräsidentin des MC, und Gerlinde Layr-Gizycki, Präsidentin des Zukunft.Frauen Alumnae Clubs, sprechen mit Gertrude Schatzdorfer-Wölfel darüber, was sie als Managerin auszeichnet, warum ihr der Einstieg ihrer Tochter ins Unternehmen wichtig ist und welche Ziele sie sich noch vorgenommen hat. 

Gerlinde Layr-Gizycki (GLG) : Liebe Gertrude, ich würde gerne mit der Frage nach Deinem heutigen persönlichen Highlight starten. Was hat den heutigen Tag für Dich zu einem erfolgreichen Tag gemacht?

Gertrude Schatzdorfer-Wölfel (GSW) : Ich habe die notwendigen Bleche für einen wichtigen Kundenauftrag bekommen. Momentan sind Bleche sehr teuer und nicht in großen Mengen lieferbar. Unsere Planungen umfassen daher nur 5 Tage. Länger geht es nicht, da sich die Preise so rasant verändern. Die Preise haben sich in den letzten 3 Monaten verdoppelt. Wir können keine Rahmenverträge abschließen, da unsere Lieferanten das Material im Moment nicht unbegrenzt zur Verfügung haben und die Preise durch die Decke gehen. Unsere Lieferanten haben eine solche Situation die letzten 50 Jahre nicht erlebt. 

Iris Ortner (IO) : An der Schnittstelle von Bau und Metall verbindet mich sehr viel mit Ihnen. Ich kann das von Ihnen Gesagte sehr gut nachfühlen. Was sind für Sie in den letzten Monaten krisenbedingt die größten Herausforderungen gewesen? Bzw. was sehen Sie als Chance aus der Krise?

GSW : Die größte Herausforderung war für mich, dass man die Situation zu Beginn nicht einschätzen konnte und trotzdem als Unternehmerin für das ganze Team verantwortlich war. Die Entscheidung, die man am 13. März 2021 getroffen hat, war für mich persönlich, aber auch für das Unternehmen richtungsweisend. Die Einschätzungen der Kunden und Mitarbeiter schwankten von nach 2 Wochen Quarantäne ist alles vorbei bis zu großer Angst, was da auf uns zukommt. In Summe eine Erfahrung, die ich nicht nochmal machen möchte, die mich aber in meinen Entscheidungen als Alleineigentümerin hat reifen lassen. Und ich habe gesehen, wie ich mich auf meine Mitarbeiter verlassen kann, wer kühlen Kopf bewahrt, wer realistisch ist, wer Angst hat. Ich habe mein Team in dieser Ausnahmesituation noch intensiver kennengelernt. Dieses Erlebnis möchte ich nicht missen. Eine schöne Geschichte, die mir Corona beschert hat: meine ältere Tochter Marlene, die eigentlich Musikerin ist, ist uns in der Produktion kurzfristig eingesprungen, weil dort Not am Mann war. Sie arbeitet heute noch bei uns. Ich hätte mir nie gedacht, dass einmal Marlene und Elisa, meine jüngere Tochter, die bereits seit vier Jahren im Betrieb tätig ist, zusammen in unserem Unternehmen arbeiten würden.

GLG : Dein Team ist für Dich sehr wichtig. Wie hast Du es geschafft, Dein Team in der Krise so zusammenzuschweißen? 

GSW : Wichtig war mir, die unterschiedlichen Positionen und Bedürfnisse im Team zu verstehen und darauf einzugehen sowie im damals gegründeten Krisenstab größtmögliche Diversität hineinzubringen. Wichtig war mir auch, die so gut wie möglich unsere Mitarbeiter zu informieren was die nächsten Schritte sind. Wir haben die Mitarbeiter mittels Umfragen ins Boot geholt. Und wir haben unangekündigt im Dezember des Vorjahres eine großzügige Corona-Prämie ausbezahlt. Ich fühlte mich als Bergführerin bei einer Bergwanderung mit Team, wo das Schönwetter in eine Nebelwand ungeschlagen hatte und wir plötzlich auf Sicht marschieren mussten.

IO : Wir haben von der Fähigkeit einer Führungskraft das Team motivieren zu können gesprochen. Für mich eine sehr wichtige Eigenschaft einer Führungskraft. Was macht aus Ihrer Sicht eine gute, erfolgreiche Führungskraft noch aus? Wo sehen Sie Ihre eigenen Stärken?

GSW : Was würden meine eigenen Leute über mich sagen? „Zur Gerti kann man immer kommen, wenn man ein Problem hat, sie hat immer Zeit, wenn man ihr das Gefühl gibt, dass es wichtig ist. Sie hat Handschlagqualität und man weiß bei ihr immer woran man ist.“ Ich spare nicht mit Lob, aber spreche auch klar aus, wenn etwas nicht so meinen Vorstellungen entspricht. Eine wichtige Aufgabe einer Führungskraft ist auch immer wieder zu hinterfragen, ob man die richtigen Leute an der richtigen Stelle hat. Nur weil jemand bereits lange einen guten Job in einer bestimmten Position macht, heißt das noch lange nicht, dass er oder sie auch einmal etwas Neues machen möchte. Auf solche Wünsche muss ich reagieren. Ich muss meine Mitarbeiter weiterentwickeln als Führungskraft.

GLG : Ich würde gerne zum Standort Österreich bzw. zum Standort Oberösterreich kommen. Was sind für Euer Geschäftsmodell die Vorteile des Standortes Oberösterreich?

GSW : Als Zulieferer der Metallindustrie lebt man in Oberösterreich fast in einem Schlaraffenland. Und zwar deswegen, weil die Region sehr Industrie lastig ist: Kässbohrer, KTM. BMW, Engel, Stiwa, etc. Die haben alle einen sehr hohen Exportanteil. Wir beliefern sehr unterschiedliche Branchen -vom Autobauer, zum Ofenbauer, bis zur Medizintechnik.

IO : Wie kann es uns gelingen mehr Frauen in die Technik zu bringen?

GSW : Zum Beispiel bei uns im CAD-Bereich – Frauen können lange fehlerfrei und genau Arbeiten, sie können sich lange konzentrieren. Wenn man die Stärken der Geschlechter richtig einsetzt, dann kann das nur ein Mehrwert für Unternehmen sein. Außerdem stellen Frauen und Männer unterschiedliche Fragen und haben unterschiedliche Perspektiven. Das kann für Betriebe nur ein Vorteil sein. Aber es muss uns bewusst sein, dass die Männer die Frauen in technischen Betrieben ausbilden. Wir brauchen daher das ehrliche Commitment der Männer an der Technik interessierte Frauen zu fördern und wachsen zu lassen. Wenn wir das haben, dann haben wir es geschafft und es trägt tolle Früchte.

GLG : In Eurem Kerngeschäft ist die Digitalisierung nicht mehr wegzudenken. Habt Ihr durch die Krise nochmals einen Sprung nach vorne gemacht?

GSW : In der Abwicklung ja; aber in der Produktion war Digitalisierung bei uns seit Anbeginn ein sehr wichtiges Thema. Jede neue Maschine, kann wieder etwas Neues. Wir müssen immer am letzten Stand der Technik in diesem Bereich sein. Auch die Auftragsabwicklung funktioniert bei uns über eine digitale Anbindung in Echtzeit. Wir sind sehr digital geprägt.

IO : Jeder von uns hat Konkurrenz. Wie sehen Sie Ihre Strategie betreffend Zukunft und Mitbewerb?

GSW : Da habe ich eine ganz einfache Formel: Ich versuche das, was ich gut kann, besser zu machen als andere. Ich sage zu meinen Leuten immer wieder: „Es gibt tausende Betriebe wie uns – aber ich habe den Anspruch, dass Schatzdorfer zu den zehn Besten gehört.“ Ich brauche Mitarbeiter, die das umsetzen. Jeder einzelne Mitarbeiter entscheidet darüber, ob wir als Unternehmen unser Ziel erreichen. Ich schaue darauf, dass ich die Rahmenbedingungen dazu schaffe. Es geht darum, dass man dieses Ziel so definiert und dass man das mit seinem Team immer wieder kommuniziert. Schließlich leben wir in einer Symbiose. Darüber hinaus brauche ich Kunden, die bereit sind, für unsere Produkte einen für beide Seiten fairen Preis zu zahlen, um mein Unternehmen weiterentwickeln zu können. Meine ältesten Kunden beliefern wir seit 55 Jahren. Ich will mit meinen Kunden mitwachsen. Das ist mein oberstes Ziel.

IO : Ich würde Ihnen zum Abschluss noch gerne eine persönliche Frage stellen: Wo tanken Sie die Kraft jeden Tag als Unternehmerin Entscheidungen zu treffen und Ihr Unternehmen voranzubringen?

GSW : Mein grenzenloser Optimismus, mein familiärer Rückhalt, meine wunderbare Partnerschaft und das Bewusstsein, dass es meinen Mitarbeitern gut geht, gibt mir Tag für Tag die notwendige Kraft.

GLG : Danke für dieses hochspannende Gespräch und Deine sehr persönlichen Einblicke.

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