MC Leadership mit Birgit Rechberger-Krammer | ZF6
Am 25. Februar war Birgit Rechberger-Krammer zu Gast bei der Eventserie MC Leadership. Hier ein Auszug aus dem Gespräch mit MC Vizepräsidentin Kerstin Neumayer und Gerlinde Layr-Gizycki, ZF1:
Layr-Gizycki: Liebe Birgit, Du hast nach Deinem Studium an der WU Deine Karriere bei Henkel in Wien als Trainee im Sales und Marketing gestartet und rasch Führungs- und Ergebnisverantwortung übernommen.
Nach Job-Stationen mit unterschiedlichen Osteuropa-Aufgaben in der Sparte Laundry und Home Care aber auch als General Manager in Tschechien, warst Du einige Jahre in der Konzernzentrale in Düsseldorf, wo du unter anderem auch für den lateinamerikanischen Markt zuständig warst.
Im September 2017 kamst Du dann nach Österreich zurück und hast die Nachfolge von Günter Thumser als Corporate Senior Vice President Laundry & Home Care CEE angetreten und darüber hinaus bis Dezember 2018 für das Laundry & Home Care-Geschäft in Lateinamerika die Verantwortung behalten.
Seit Jänner 2019 bist Du für das als Vizepräsidentin des Laundry & Home Care Geschäfts in Europa zuständig und Präsidentin von Henkel Austria.
Chapeau – das ist eine beachtliche Karriere!
In Deiner Rolle im Bereich Laundry & Home Care bist du für das Europa-Geschäft eines Bereichs verantwortlich, der knapp 35% zum Gesamtumsatz von fast 20 Mrd EUR bei. Für 2020 hat der Konzern einen organischen Umsatzrückgang von 0,7 Prozent ausgewiesen, was in Anbetracht der Krise eine sehr gute Performance ist. Zu den Topmarken von Henkel zählen Loctite, Schwarzkopf und Persil.
Dein Büro hast Du am Produktionsstandort im 3. Bezirk in Wien. Ich denke jeder kennt den Standort mit der Retrowerbung auf dem Weg zum Flughafen Schwechat.
Du bist Alumna des Zukunft.Frauen Alumnae Clubs, Mitglied im Vorstand der IV Wien, sowie Mitglied im AR von einigen Henkel Konzern Gesellschaften.
Layr-Gizycki: Wofür bist Du in Deiner Rolle als Präsidentin von Henkel Österreich und Europa persönlich verantwortlich? Wie hast du dein Führungsteam organisiert?
Rechberger-Krammer: Ich habe einerseits eine interne Konzernrolle mit operativer Verantwortung für Laundry & Home Care in ganz Europa. Es gibt mehrere Ländercluster, die an mich berichten. In meiner zweiten Rolle als Vorstandsvorsitzende für Henkel Österreich habe ich im Vorstand ein super Team. Für mich ist das eine wunderbare Kombination, weil ich so Henkel nach innen und außen mit vollem Herzblut von Österreich aus vertreten darf.
Neumayer: Sie sind so lange bei Henkel, seit 28 Jahren, wie geht das, dass man so lange bei ein- und demselben Unternehmen gerne und erfolgreich tätig ist?
Rechberger-Krammer: (lachend) Das war nicht geplant. Ist eigentlich so passiert. Aus einem Praktikum gleich nach der Uni habe ich bei Henkel Österreich ein Praktikum gestartet und bin nach nur sechs Wochen bereits in eine Fixanstellung übergegangen, weil es mir einfach so viel Spaß gemacht hat und weil meine Werte und die Werte von Henkel super gut zusammengepasst haben. Dadurch, dass man bei Henkel Karrieren auch an persönliche Wünsche und Möglichkeiten anpasst, war das so, dass ich alle zwei bis maximal vier Jahre etwas anderes machen konnte – sei es in einer anderen Funktion, in einem anderen Land, etc. Natürlich bekommt man externe Angebote. Aber ich konnte bei Henkel immer etwas Neues dazulernen und meinen Horizont erweitern. So macht es bis heute großen Spaß.
Neumayer: Mich würde interessieren, wie Sie Ihren persönlichen Führungsstil beschreiben würden und wie sich Führung im Laufe Ihrer Karriere Ihrer Wahrnehmung nach geändert hat.
Rechberger-Krammer: Ich fange mit meinem persönlichen Führungsstil an – und da gebe ich das wieder, was meine Mitarbeiter sagen (lacht): fordernd und fördernd. Ich bin sicher sachorientiert – Leistung und Performance sind für mich wichtige Faktoren. Gleichzeitig bin ich dafür bekannt, dass ich Mitarbeiter in ihrer persönlichen Situation unterstütze. Und hier vor allem auch Frauen, die Familie haben, die ich mit Coaching und Mentoring auf ihrem Karriereweg fördere.
Wie hat sich Führung verändert? Sie ist weniger hierarchisch geworden, weniger formell. Heute erwarten gerade junge Leute permanentes Feedback von ihrer Führungskraft. Die klassischen Halbjahresgespräche und Year End-Gespräche mit Mitarbeitern werden zwar noch geführt. Ich gebe heutzutage aber schon während des Jahres viel Feedback mit. Ich habe dazu auch eine Open Door Policy – und das auch in der virtuellen Welt. Mitarbeiter können mich jederzeit persönlich kontaktieren. Ich versuche für die Leute da zu sein, wann immer es geht.
Layr-Gizycki: Ich möchte auf zwei Punkte zu sprechen kommen, die Du gerade erwähnt hast: fordernd – fördernd und junge Leute. Ich weiß, dass Du junge Mitarbeiter und Führungskräfte sehr förderst – und da ganz besonders auch die Frauen in Deinen Teams. Diversität ist Dir und Henkel ein großes Anliegen. Was waren für Dich die größten beruflichen Herausforderungen und inwieweit haben sich diese für jungen Menschen von heute verändert?
Rechberger-Krammer: Ich muss vorausschicken, dass ich das große Glück hatte, immer dieselben Möglichkeiten zu haben wie Männer. Ich habe jedoch erst über die Jahre erkannt, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Dafür bin ich auch sehr dankbar. Natürlich ist auch dieselbe Flexibilität und Einsatzbereitschaft von mir gefordert worden wie von meinen männlichen Kollegen. Da wurde nie ein Unterschied gemacht.
Was ich zu wenig hatte, waren Role Models. Und genau das versuche ich jetzt zu sein. Vor allem in der schwierigen Phase nach 8-10 Jahren Karriere, wenn Frauen nachdenken, Familie zu haben und dann unsicher sind und am meisten Rückendeckung brauchen. Ich engagiere mich nicht nur intern, sondern auch extern als Mentorin. Das scheint mir das Key-Thema zu sein. Zum einen diese Leuchtturm-Frauen sichtbar zu machen, damit man sieht, was man schaffen kann, und zum anderen, wie muss ich mich selber aufstellen, damit Karriere funktionieren kann. Wir haben hierzu intern ein Frauenmentoring-Programm für genau diese Zielgruppe implementiert. Wir unterstützen weibliche Führungskräfte exakt in dieser wichtigen Phase.
Neumayer: Kommen wir zur aktuellen COVID-Krise. Was waren für Sie als Person die größten Herausforderungen in der Pandemie? Wie haben sich die Arbeitsweisen und das Thema Führung in Ihrem Unternehmen dadurch verändert?
Rechberger-Krammer: Die ersten 4-6 Wochen waren extrem anstrengend. Wir hatten täglich Sitzungen in einem Krisenteam. Das war eine Zeit, da hatten meine Tage weit mehr als 12 Stunden. Wir mussten Produktion und Verwaltung aufrechterhalten, eine verstärkte Nachfrage nach Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel bedienen, viele Standorte mit ganz unterschiedlichen Notwendigkeiten zeitgleich bestmöglich in der Krise managen und dazu noch überall die nötigen Sicherheitsmaßnahmen umsetzen. Und dazu kam noch meine Verantwortung für die anderen europäischen Länder, wobei Spanien und Italien besonders hart von Covid betroffen waren. Anstrengend waren auch die vielen virtuellen Meetings. Da der informelle Talk am Gang wegfällt, muss man für alles, was man besprechen will, einen Call vereinbaren. Es geht um 8.00 Uhr in der Früh los, endet um 19.30 Uhr am Abend und dann startet man damit, seine Emails zu erledigen. Für uns waren Schutz und Gesundheit der Mitarbeiter am wichtigsten. Gleichzeitig habe ich gesehen, wie ich mich auf mein Team verlassen kann und wie selbständig meine Führungskräfte mit ihren Teams in Österreich und Europa arbeiten. Ich habe noch nie soviel Loyalität von Mitarbeitern bekommen wie im letzten Jahr.
Layr-Gizycki: Ich würde abschließend gerne zum Henkel Konzern und Euren Initiativen übergehen. Ihr investiert ja große Summen in Marketing, Produktinnovationen und Digitalisierung. Welche Schwerpunkte setzt ihr da? Ihr setzt, wie ich gelesen habe, auf ganzheitliches Wachstum – was versteht ihr darunter?
Rechberger-Krammer: Also wir nennen es „Purposeful Growth“, d.h. es muss ein nachhaltiges, gesamthaftes Wachstum sein. Henkel ist ja immer noch ein Familienunternehmen. Die Mehrheit der Stammaktien werden von der Familie Henkel gehalten. Die Familie spielt eine wichtige Rolle, was Strategie und Nachhaltigkeitsthemen betrifft. Wir leben eine Kombination aus fast 150 Jahren Unternehmensgeschichte und einer Transformation zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, worauf wir auch unsere Leadership ausrichten müssen. Mit Hilfe von Digitalisierung kann man heute bei uns auf einem Dashboard in der Produktion jede Abfüllanlage weltweit ansehen und die Daten auswerten. Man kann verfolgen, was wo gerade produziert wird und wie hoch die operative Efficiency ist. Digitalisierung setzt sich fort in Transport und Logistik – wir können unsere LKWs problemlos nachverfolgen. Dann betrifft es natürlich auch Abteilungen wie Marketing und Vertrieb (E-Commerce und B2B Portale) und unsere internen Prozesse (wie zB das papierlose Büro). Wir rekrutieren junge Leute mit digitalem Hintergrund und versuchen, Leute wie mich über Online Learning Tools auf die digitale Reise mitzunehmen. Wir haben in Wien zum Thema Digitalisierung ein Steerco etabliert, wo wir externe Speaker einladen und versuchen voneinander zu lernen. Das funktioniert sehr gut.
Layr-Gizycki: Liebe Birgit, Mut und Offenheit scheinen wichtige Voraussetzungen für Deine bewundernswerte Karriere zu sein. Wir wünschen Dir noch weiterhin viel Erfolg! Danke für das spannende Gespräch.
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